Antrag: Platzbenennung nach Petra Kelly

ürzburg, den 29. November 2017

Antrag: Platzbenennung nach Petra Kelly

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, 

hiermit stelle ich namens der Stadtratsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen den folgenden Antrag:

Nach der engagierten Weltbürgerin, Politikerin und Pazifistin
– einer Symbolfigur für aktive Umwelt-, Menschenrechts- und Friedenspolitik –
Petra Kelly
– die heute, am 29.11.2017, 70 Jahre alt geworden wäre –
wird ein Platz auf dem Gelände der ehemaligen US Leighton Barracks benannt.

Begründung:

Die herausragende allgemeine Bedeutung von Petra Kelly sowie ihre besonderen Beziehungen zu unserer Stadt drängen uns, ihr in dieser Form ein dauerndes Gedenken auf dem ehemaligen Leighton Barracks Gelände zu schaffen.

Im Nachruf auf Petra Kelly und Gert Bastian findet sich folgende Wertung der damaligen Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth: „(…) an dem Engagement beider Politiker, sich für eine weltweite politische Ordnung ohne Furcht vor Krieg, Elend und Not einzusetzen, besteht auch bei den politischen Gegnern von einst kein Zweifel. Beide Politiker fühlten sich der Idee der Einen Welt verbunden, die es uns allen zur Aufgabe macht, den drohenden Gefahren rechtzeitig zu begegnen und alles in unserer Kraft Stehende zu tun, um den Menschenrechten endlich weltweite Anerkennung zu verschaffen.“

Ihr Charakter und ihre Ideale könnten in einer Zeit der Politikverdrossenheit gerade jüngeren Menschen helfen, sich engagiert für eine bessere Welt einzusetzen und unsere Demokratie lebendig zu erhalten.

Ihr Motto: „Mit dem Herzen denken“ weist sie als Idealistin aus, die Rationales und Emotionales verbinden möchte. Und so streitet sie für eine Welt ohne Waffen, in Frieden mit der Natur und untereinander.

In dem Ende 1992 erschienenen Sammelband: „Frauenleben, Frauenpolitik“ lautet ein Wunsch, den sie am Ende ihres Beitrags ausspricht: „Ich wünsche mir eine kinder- und frauenfreundliche zivile Gesellschaft, wo die Menschen einander zutiefst respektieren und solidarisch zueinander sind.“

Zu ihrer Biographie: Als Petra Lehmann wird sie 1947 in Günzburg an der Donau geboren. Nach der Trennung von ihrem Vater erhält sie 1958 den Namen ihres Stiefvaters John Edward Kelly, eines amerikanischen Offiziers: Kelly. Die Familie übersiedelt 1959 zusammen mit ihrer eben geborenen Halbschwester Grace in die USA. Nach ihrem High-School-Abschluss 1966 in Hampton/Virginia studiert sie Politikwissenschaften an der School of International Service der American University in Washington. Einsatz in der Studenten-vertretung, die Organisation internationaler Wochen an der Universität, Vietnam-Proteste, Bürgerrechts-Demonstrationen, aber auch die Mitarbeit in Robert Kennedys Wahlkampfbüro zeigen ihre damaligen politischen Interessen.

Weihnachten 1967 besucht sie ihren inzwischen nach Würzburg versetzten Vater, den US-Soldaten, und ihre Familie und sieht ihre an Augenkrebs erkrankte kleine Schwester Grace wieder. Im gleichen Jahr erreicht sie sogar eine Privataudienz beim Papst für die krebskranke Grace. Anfang 1970 stirbt diese jedoch und wird auf dem Würzburger Waldfriedhof beigesetzt.

Als die Familie im gleichen Jahr in die USA zurückgeht, bleibt für Petra der familiäre Kontakt zu ihrer Großmutter in Fürth. Nach einem zusätzlichen Studienjahr in Amsterdam beginnt sie 1971 als Praktikantin bei EG-Institutionen in Brüssel; dort arbeitet sie als Verwaltungsrätin beim Wirtschafts- und Sozialausschuss der EG von 1973 bis 1983. Von 1972 bis 1978 ist sie Mitglied der SPD. 1979 gehört sie zu den BegründerInnen der GRÜNEN und ist Spitzen-kandidatin für die Europa-Wahl. Sie wird eine der Vorstandssprecherinnen der 1980 gegründeten Partei (bis Nov.1982). Weitere Stationen sind: Widerstand gegen die NATO-Nachrüstung, gegen Atomvorhaben in Brokdorf, Wackersdorf, 1982 Alternativer Nobelpreis, 1983 Bundestagsabgeordnete (bis 1990) und Fraktionssprecherin, später Mitbegründerin des Bundes für Soziale Verteidigung, Einsatz für die Freiheit Tibets.

Am 1. Oktober 1992 kommen sie und Gert Bastian durch Schüsse aus seinem Revolver ums Leben, offenbar von seiner Hand, unter ungeklärten Umständen. Aufgefunden werden sie erst am 20. Oktober. Sechs Tage später wird Petra Kelly neben ihrer Schwester Grace unter großer Beteiligung der Bevölkerung in Würzburg beerdigt.

1997 entstand die Petra-Kelly-Stiftung, ein den Grünen nahestehendes, bayerisches Bildungswerk für Demokratie und Ökologie, innerhalb der Heinrich-Böll-Stiftung.

Von 2008 stammt die Würdigung: „Zu ihren erstaunlichen Begabungen gehörte ihre Fähigkeit, in ganz unterschiedlichen Kulturkreisen Gehör zu finden. Auf allen Kontinenten stößt man auf begeisterte Erinnerungen an Petra Kelly. Sie war eine globale Aktivistin,
ihre Sprache war universell: Menschenrechte, Gerechtigkeit, Bewahrung der ökologischen Lebensgrundlagen, Gleichberechtigung, Gewaltfreiheit.“ (Ralf Fücks)

Eine Platzbenennung nach ihr wäre gerade auf dem Gelände der ehemaligen Leighton Barracks, dem Wohnort ihrer Familie, sehr naheliegend. So würde ihr auch innerhalb der Stadt ein dauerndes Gedenken gesichert.

Mit freundlichen Grüßen

gez.  Benita Stolz, Stadträtin