Westumgehung: Schaden für Mensch und Natur im Landkreis – kein Nutzen für die Stadt Würzburg

Im Vorfeld der Stadtratssitzung vom 23. Juli 2009 haben wir Grüne eine Stellungnahme bei Verkehrsplaner Robert Ulzhöfer in Auftrag gegeben. Dessen Kernaussage lautet: Eine Entlastung ist für die Würzburger Bürger nicht wahrnehmbar. Die ausführliche Stellungnahme haben wir auf einer Pressekonferenz vorgestellt und auch den anderen Stadtratsfraktionen übersandt. Die Stellungnahme können Sie hier als pdf-Dokument abrufen. Der Erfolg: Die ursprünglich satte Mehrheit für die Westumgehung im Stadtrat ist weggeschmolzen, lediglich mit 28:19 wurde die von OB Rosenthal eingebrachte Resolution für die neue Fernstraße angenommen.

Der Verkehrsplaner stellt in seinem Gutachten auf der Grundlage der amtlichen Zahlen fest: Die maximale Verkehrsentlastung im Stadtgebiet liegt in einzelnen Abschnitten der B19 bei 10 bis 11%, vielfach noch deutlich darunter. Das liegt daran, dass bereits jetzt der Anteil des überregionalen Durchgangsverkehrs niedriger liegt, als vielfach vermutet. Entscheidend für die tatsächlich vom Verkehr geplagten Anwohner: Die Entlastung wäre zwar messbar, aber nicht spürbar. Außerdem wäre die Westumgehung kaum kürzer als die bestehende Autobahnverbindung. Empfehlung des Verkehrsplaners auf der Pressekonferenz: Ausbau von A3, Biebelrieder Kreuz und bei Bedarf auch A7.

Der Autor Robert Ulzhöfer fasst sein Gutachten selbst wie folgt zusammen:

Fazit Aus der vorstehenden verkehrsgutachterlichen Stellungnahme lassen sich folgende zentrale Aussagen zusammenfassen:

1) Die maximale Entlastung für Würzburg liegt punktuell bei 10 – 11%, in einzelnen Abschnitten des Stadtrings sogar noch deutlich darunter. Diese Größenordnung entspricht den üblichen Schwankungen zwischen verschiedenen Werktagen. Nur Durchgangsverkehr, bei dem sowohl Herkunft als auch Ziel relativ weit entfernt von Würzburg liegen, kann letztlich verlagert werden. Verkehrsströme zwischen verschiedenen Umlandgemeinden durch das Stadtgebiet von Würzburg lassen sich praktisch gar nicht verlagern.

2) Eine spürbare Entlastung für Würzburg ergibt sich aus den Zahlen nicht. Die damit verbundene Lärmreduzierung ist allenfalls messbar, vor Ort jedoch physisch nicht wahrnehmbar. Eine Reduzierung des Lärmpegels um 0,5 dBA, unter der Annahme eines stärkeren Rückgangs des Schwerverkehrs ggf. bis 1,2 dBA, ist von einer Halbierung (entspricht ca. 3 dBA) der Lärmbelastung weit entfernt. Auch die Belastungen durch Feinstaub und Abgase werden nur minimal verringert.

3) Eine Verbesserung der Situation am Mittleren Ring ist nicht zu erwarten, da weder die städtebauliche Trennwirkung der Hauptverkehrsstraßen aufgehoben noch die erforderliche Anzahl an Fahrstreifen verringert werden kann.

4) Mögliche Verringerungen der Verkehrsbelastungen werden i. d. R. durch Prognosezuwächse oder die Ansiedlung verkehrsintensiver Einrichtungen schnell aufgezehrt. Es kann sich lediglich die Leistungsfähigkeit einzelner Knotenpunkte im Hauptverkehrsstraßennetz verbessern.

5) Der Transit durch Würzburg bleibt aus vielen Richtungen attraktiv, da sich längst nicht für alle Wege, die heute durch Würzburg verlaufen, die Fahrtlängen entscheidend verkürzen. Mit Mautausweichverkehr muss auch weiterhin gerechnet werden, wobei hiervon sowieso nur der Schwerverkehr über 12 t betroffen ist. Eine eventuelle Ausdehnung der Autobahnmaut auch auf leichtere LKW sowie auf PKW ist aus Würzburger Sicht zusätzlich kontraproduktiv.

6) Eine Bauzeit von mindestens 20 Jahren erscheint angesichts der relativ schwierigen topographischen Verhältnisse sowie des damit verbundenen hohen finanziellen Investitionsvolumens sehr realistisch. Bei Berücksichtigung weiterer Verzögerungen im Zuge der Planfeststellung sowie des Grunderwerbs und der Finanzierungssicherstellung ist mit einer Fertigstellung vor dem Jahr 2035 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu rechnen.

7) Während der gesamten Bauzeit bleiben die Belastungen für Würzburg weit gehend unverändert, da eine Verkehrsfreigabe einzelner Teilabschnitte sowohl aus Sicht der direkt betroffenen Umland-gemeinden als auch im Interesse der Stadt Würzburg nicht empfohlen werden kann. Dies liegt unter anderem daran, dass das nachgeordnete Straßennetz für die Aufnahme größerer Verkehrsmengen am Ende eines fertig gestellten Teilabschnitts der B26neu überhaupt nicht geeignet ist. Eine Entlastung für Würzburg kann somit erst mit Fertigstellung der gesamten B26neu erfolgen.

8  Weitere, bislang zu wenig berücksichtigte Konsequenzen sind die Überlagerungsverkehre auf der A3 zwischen den Anschlussstellen Helmstadt und Kist durch die Schaffung einer Übereckverbindung in Form von zwei Autobahndreiecken innerhalb weniger Kilometer. Ein 8-streifiger Ausbau wird mittel- bis langfristig die Folge sein.

9) Die Beeinträchtigung wichtiger Wasserschutzgebiete durch die B26neu kann von dafür zuständigen Fachleuten besser beurteilt werden. Aus verkehrlicher Sicht muss jedoch darauf verwiesen werden, dass eventuelle Geschwindigkeitsbeschränkungen aus wasserschutzrechtlichen Gründen nicht ausgeschlossen werden können, in deren Folge die Akzeptanz der B26neu zurückgehen kann.

10) Der Bau einer Schnellstraße zwischen dem Landkreis Main-Spessart und den Oberzentren Schweinfurt und Würzburg kann einerseits Hoffnungen auf eine positive wirtschaftliche Entwicklung wecken, kann andererseits aber auch zu einer Zunahme von Pendeldistanzen über mittlere und längere Entfernungen und damit zu mehr Verkehr zwischen dem Raum Main-Spessart und den Städten Würzburg und Schweinfurt führen.