Berichterstattung Regenwasserbewirtschaftung Baugebiete Lengfeld Nord

Regenwasser fließt in Gullideckel
Regenwasser

Antrag von Simone Haberer vom 29.11.2020

Sehr geehrter Oberbürgermeister,

die Bauleitplanverfahren für die drei neuen Baugebiete in Lengfeld sind unterschiedlich weit fortgeschritten. Relevante Passagen aus den jeweiligen Beschlüssen innerhalb der Bauleit-planung habe ich zitiert und meine Fragen angeschlossen.

(A) Baugebiet Lengfeld Nord 22A (Waidmannsteige)

Am 03.07.2019 wurde für das Neubaugebiet Lengfeld Nord 22A (Waidmannsteige) im Stadtrat der Bebauungsplan beschlossen. Im dort angehängten Grünordnungsplan heißt es u.a.:

Nach den Ausführungen der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern soll erst nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Verdunstung und Versickerung eine Ab-leitung des Regenwassers in Oberflächengewässer oder in das Kanalsystem in Betracht ge-zogen werden (StMI 1998: S. 21). Benannt werden dort u.a. folgende Maßnahmen:

  • Retention und Verdunstung (z.B. durch die Festsetzung von Dachbegrünung, Retentionsmulden und durchlässigen Belägen)
  • Oberflächige Versickerung (z.B. durch die Festsetzung von durchlässigen Belägen,Sickerteiche und Pflanzenbeete) – Unterirdische Versickerung (z.B. durch die Festsetzung von Rigolenversickerung, Schacht-und Rohrversickerung)
  • Oberirdische Ableitung zur dezentralen Bewirtschaftung (z.B. durch die Festsetzung von offenen Ableitungsrinnen)
  • Regenwassernutzung (z.B. Zisternenspeicher, Beregnung von Grünflächen)[…]

Für die Beurteilung der Frage, in wie weit zumutbare Alternativen zur Vermeidung von Beein-trächtigungen mit der Planung wahrgenommen werden, sind in Bezug auf dieses Schutzgut folgende Mindestkriterien heranzuziehen: Regenwasserbewirtschaftung und naturnah gestaltete Wasserrückhaltung.

Am 19.02.2020 wurde die Auftragsvergabe zur entwässerungstechnischen Erschließung im Stadtrat beschlossen. Auszug:

Als Grundkonzept der Erschließung ist nach wasserrechtlichen Vorgaben eine Entwässerung des Gebietes im Trennsystem vorzusehen, ergänzt mit dezentraler Regenwasserbewirtschaftung auf den Grundstücken entsprechend der städtischen Entwässerungssatzung.

Ich möchte die Verwaltung bitten, den Stadtrat darüber zu informieren, inwieweit bei der Auftragsvergabe zur entwässerungstechnischen Erschließung Vorgaben zur Planung der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung seitens der Verwaltung gemacht worden sind, z. B.Retentionsmulden, Sickerteiche, Pflanzenbeete, Baumrigolen, Rigolenversickerung, Schacht –und Rohrversickerung, Zisternen, Dachbegrünung, Fassadenbegrünung.


Antwort des Baureferats:

Der Planungsauftrag hatte als Inhalt die Anlagen des öffentlichen Kanalnetzes und aufgrund der geringen Flächenreserven im Baugebiet Anlagen einer zentralen Regenrückhaltung. Das Kanalnetz war als Trennsystem zu planen, um die Anlagen einer zentraler Regenrückhaltung zu ermöglichen.

Die Planer der Grundstückseigentümer planen eigenständig nach den Vorgaben der städtischen Entwässerungssatzung auf privatem Grundstück und sorgen dort satzungsgemäß für eine dezentrale Regenwasserbewirtschaftung mittels Dachbegrünung, Grünflächen, Pflanzbeeten, Zisternen, etc.

Unter die Vorgaben der Entwässerungsatzung fallen auch die öffentlichen Straßenflächen. Das fachübergreifende Entwässerungskonzept für diese Flächen sieht eine Rückhaltung in einem temporär vorgesehenen offenen Erdbecken vor. Im Endausbau erfolgt dann eine Anbindung an eine gemeinsame Anlage mit Gebiet Lengfeld Nord 22B. Weiterhin für eine Teilfläche eine Retention in einem Pflanzgrubensystem (in Anlehnung an das sog. „Stockholmer System“). Dabei werden unterschiedliche Materialien zur Speicherung von Wasser unterhalb des Wurzelbereiches verbaut. Das Gartenamt der Stadt Würzburg sowie das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg sind in die Methodik zur Anlage und Bewässerung des Pflanzgrubensystems eingebunden.

Bereits durchgeführte Versickerungsversuche im Gebiet 22 A zeigen im hier anstehenden  Boden jedoch kaum vorhandenes Versickerungspotenzial. Lösungen der Regenwasserbewirtschaftung gehen hier vorrangig über Retention, Nutzung, Verdunstung.


(B) Carl-Orff-Straße

Am 04.06.2020 wurde u.a. beschlossen, dass ein Gutachten zur Regenwasserbewirtschaftung beauftragt wird.

Liegt dieses Gutachten schon vor? Wurden hier Vorgaben zur Regenwasserbewirt-schaftung (s.o.) gemacht?

(C)Lengfeld Nord 22 B (Am Handelshof)

Das Neubaugebiet Lengfeld Nord 22 B (am Handelshof)befindet sich in der B-Plan-Erstellung. Am 25.05.2020 wurde ein Rahmenplan diesbezüglich beschlossen. In der Begründung heißt es unter anderem:

Folgende städtebauliche Grundsätze liegen den Rahmenplanvarianten zugrunde:

[…]

Entwässerung:

Retention und Speicherung von Niederschlagswasser im Gebiet, z.B. in Zisternen

Möglichst Ableitung des überschüssigen Niederschlagswassers in Grünbereichen entlang der Topographie […]

Dachbegrünung, […], Versickerung soweit geologisch möglich, andernfalls Retention

Bauleitplanung / weitere Schritte

Mit Beschlussfassung der grundlegenden städtebaulichen Rahmendaten kann die Bebauungsplanung fortgeführt werden.

[…] Ebenso soll ein Gutachten zur Regenwasserbewirtschaftung beauftragt werden.

Liegt dieses Gutachten schon vor? Wurden hier Vorgaben zur Regenwasserbewirt-schaftung (s.o.) gemacht?


Antwort des Baureferats zu B und C:

Am 28.07.2020 wurden 6 Büros aufgefordert ein Angebot zur Erstellung eines Regenwasserbewirtschaftungskonzeptes für die beiden Gebiete abzugeben.

Im September wurde das Büro wgf Landschaft GmbH in Kooperation mit dem Ingenieurbüro Pongratz Ingenieurgesellschaft mbH mit der Erarbeitung dieser Konzepte beauftragt.

Beabsichtigt ist die Erarbeitung eines umsetzungsfähigen, mit dem WWA abgestimmten Konzeptes für beide Gebiete zur Wasserbewirtschaftung/Entwässerung, unter Berücksichtigung folgender Ziele:

  • Das anfallende Wasser soll so wenig wie möglich abgeleitet und soweit wie möglich genutzt werden (Regenwasser & Grauwasser), z.B. Bewässerung von Grünflächen
  • Hochwassergefahren sollen gemindert werden; daher soll möglichst wenig Wasser in Kürnach und öffentliche Kanalisation eingeleitet werden
  • Kanalanlagen der öffentlichen Kanalisation sind auf den 5-jährigen Regen auszulegen
  • Zentrale Anlagen einer Versickerung oder Rückhaltung sind nach den Vorgaben der Wasserwirtschaftsbehörden auszulegen
  • Eine Gefährdungsanalyse des Überflutungsgeschehens bei darüberliegendem Starkregen ist vorzunehmen
  • Das Wasser soll wo möglich versickern, ansonsten rückgehalten und genutzt werden
  • Hohe Freiraumqualitäten sollen ermöglicht werden (Nutzung für die Menschen)
  • Integration von öffentlichen Grünflächen / Straßenbaumstandorten in das Konzept auch als Teil der Überflutungs- und Hitzevorsorge

Die Konzepte werden iterativ und integriert bearbeitet. So fanden neben den regelmäßigen Jour-Fixen auch spezifische Abstimmungstermine zur Regenwasserbewirtschaftung mit allen beteiligten Dienststellen und dem Wasserwirtschaftsamt statt:

  • 08.10. 2020 Auftakttermin. Beteiligte Dienststellen: FA Stadtumbau und Stadtentwicklung, FA Bauleitplanung, FB Umwelt- und Klimaschutz, EBW, FB Tiefbau, Gartenamt
  • 21.120.2020: Abstimmungstermin mit dem Wasserwirtschaftsamt. Beteiligte Dienststellen: FA Stadtumbau und Stadtentwicklung, FA Bauleitplanung, FB Umwelt- und Klimaschutz, EBW, FB Tiefbau, Gartenamt, Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg
  • 09.11.2020 Abstimmungstermin zwischen Erschließungsplanung und Regenwasserbewirtschaftung. Beteiligte Dienststellen: FA Stadtumbau und Stadtentwicklung, FA Bauleitplanung, EBW, FB Tiefbau, Planer des Regenwasserbewirtschaftungskonzeptes sowie der Erschließungsplanung

Die Ergebnisse der beiden Regenwasserbewirtschaftungskonzepte sollen im ersten Quartal 2021 im PUMA und Stadtrat vorgestellt und beschlossen werden.


Simone Haberer

Stadträtin

BÜNDNIS90/ DIE GRÜNEN