NACHGEFRAGT: Auflagen für die Versammlung „Eltern stehen auf“ am 15.02.201 in Würzburg

Demonstrantin mit Megaphone
Demonstrantin mit Megaphone

Schriftliche Anfrage von Stadtrat Mack am 15.02.2021

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

für die Stadtratssitzung am 11.03. stelle ich folgende Fragen:

  • Unter welchen Auflagen durfte die Versammlung der „Eltern stehen auf“ am 15.02. abgehalten werden? Bitte den Original-Wortlaut – anonymisiert – beilegen.

Antwort:

Der Original-Wortlaut wurde bereitgestellt und ist im Sammeldokument auf dem Bürgerinformationssystem nachzulesen.

Zu den Versammlungsauflagen


  • Wie wurde die Einhaltung dieser Auflagen kontrolliert?
  • Wurden Verstöße gegen diese Auflagen festgestellt?
  • Wenn ja: welche? Bitte aufschlüsseln nach Veranstaltung

Antwort:

Neben den polizeilichen Kräften war auch das Ordnungsamt der Stadt Würzburg mit 2 Mitarbeitern vor Ort. Insgesamt konnte festgestellt werden, dass die maximal festgelegte Teilnehmerzahl eingehalten und die vom Veranstalter angezeigten Kundgebungsmittel genutzt wurden. Zeitweise waren z. B. an Engstellen oder durch ungeplante Stopps einige Unterschreitungen der Mindestabstände erkennbar, diesbezüglich muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass zwischen engen Familienangehörigen und Angehörigen eines gemeinsamen Hausstandes keine Mindestabstände bei Versammlungen eingehalten wer-den müssen. Die stationäre Zwischenkundgebung auf dem Unteren Markt fand auf der im Beschränkungsbescheid der Stadt markierten Fläche statt. Das Alkoholkonsumverbot wurde beachtet. Die Untersagung des Auswerfens von Süßigkeiten und Bonbons etc. wurde befolgt.

Im Rahmen des Erörterungstermins vor der Demonstration wurde den Veranstaltern erläutert, dass die Demonstration keine massiven Elemente enthalten dürfe, die in der Ge-samtwirkung an einen Faschingsumzug oder ein traditionelles Faschingstreiben als Brauchtum erinnern würden. Daher wurden auch keine Motivwägen genutzt. Ein Kostümierungsverbot konnte angesichts der grundgesetzlich geschützten Versammlungsfreiheit nicht ausgesprochen werden. Insgesamt wurden im vorderen Bereich des Demonstrationszuges Corona-kritische Musikstücke, auch umgetextete bekannte Schlager, abgespielt und zeitgleich im hinteren Teil des Demonstrationszuges thematische Reden gehalten.

Der Gesamteindruck mag befremdlich gewirkt haben, war aber nach der Typenfreiheit im Versammlungsrecht alleine Sache des Veranstalters. Hierzu bedurfte es keiner Genehmigung durch die Stadt Würzburg, da das Demonstrationsgeschehen generell genehmi-gungsfrei schon im Grundgesetz geschützt ist.

Durch die Stadt war eine klare Abgrenzung zum traditionellen Faschingsumzug beabsichtigt, der Jahr für Jahr ein Höhepunkt im Würzburger Veranstaltungskalender ist. Mit hun-derten Mitwirkenden als Fußgruppen oder auf kreativ gestalteten Wägen zieht das Spek-takel bis zu 100.000 BesucherInnen in die Würzburger Innenstadt. Dieser traditionelle Fa-schingsumzug, der in der Innenstadt am Sonntag gefeiert wird, hat Würzburgs Ruf als „Faschingshochburg“ in Bayern mitgefestigt. Mit diesem etablierten Format hatte die De-monstration am Montag, 15.02.2021 sicher nur sehr entfernte Ähnlichkeiten. In jedem Fall ist es durch die Beschränkungen und die Begleitung vor Ort sowie die transparente Be-richterstattung vorab gelungen, dass es nicht – sozusagen aus Verwechslung – zu einem größeren Event gekommen ist. Es sollte vermieden werden, dass sich Demonstranten und „faschingsfreundliche“ Schaulustige zu einer spontanen Veranstaltung zusammenfanden. Dies ist auch durch ein großes Polizeiaufgebot im Sinne einer konsequenten Pandemie-Bekämpfung gut gelungen.

Durch die Polizeiinspektion Würzburg-Stadt wurde folgende Stellungnahme vorgelegt:

… am 15.02.2021 wurden ein Versammlungsaufzug der Initiative „Eltern-stehen auf“ und eine gegen diese Versammlung gerichtete Protestversammlung durch die Polizeiinspektion Würzburg-Stadt und Unterstützungskräfte anderer Dienststellen polizeilich betreut.

Die Versammlung der Infektionsschutzmaßnahmen-kritischen Initiative „Eltern stehen auf“ war offiziell unter dem Motto „Nein – zum Kulturraub! Nein – zur Wiederholung der Herrschsucht des Napoleon“ angezeigt und tatsächlich als „Rosenmontags-Demo-Umzug“ beworben worden.

Durch die eingesetzten Kräfte der PI Würzburg-Stadt wurden zu Versammlungsbeginn die Beschränkungen und Auflagen, wie etwa Teilnehmerzahl, Ordnerzahl, Geeignetheit der Ordner, Verkehrssicherheit der beiden durch die Stadt Würzburg als Kundgebungsmittel bestätigten Fahrzeuge, geprüft. Nach Eröffnung der Versammlung durch die Versamm-lungsleiterin um 15:40 Uhr wurden noch vor dem Start alle Teilnehmer, denen aus gesundheitlichen Gründen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht möglich ist, kontrolliert. Hierbei zeigten 15 Teilnehmer entsprechende ärztliche Atteste vor, die polizeilich als Befreiung von der „Maskenpflicht“ anerkannt werden mussten. Eine Teilnehmerin konnte kein Attest vorweisen. Nachdem sie sich weigerte eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, wurde sie noch vor dem Start des Aufzugs von der Versammlung ausgeschlossen.

Mit Beginn des Aufzugs wurde mittels einer genehmigten Soundanlage faschingstypische Schlagermusik abgespielt. Alle abgespielten Lieder waren jedoch mit neuen Texten versehen worden. Diese neuen Texte aller abgespielten Lieder hatten einen thematischen Kontext zur Kritik an den Infektionsschutzmaßnahmen (z.B. „Maskenlos durch die Nacht“). Aufgrund dieses Bezugs zur Versammlungsthematik war hier rechtlich kein Einschreiten möglich. Dies war auch entsprechend unter Punkt 3.19 im Beschränkungsbescheid vorgegeben.

Während des Aufzugs wurden mehrmals Schallpegelmessungen durchgeführt, die sich alle im Bereich des zulässigen Grenzwerts von 85dB(A) bewegten. Im Bereich des Juliusspitals wurden die Musik und Mikrophon verstärkte Ansagen eigenständig durch die Versammlungsleiterin eingestellt.

Faschingstypische Rufe („Helau“) kamen vereinzelt immer wieder vor. Die Versammlungsleiterin wurde durch den Polizeiführer insgesamt drei Mal zum Unterlassen solcher Rufe aufgefordert. Im Rahmen der Zwischenkundgebung am Unteren Markt wurde dies daraufhin durch die Versammlungsleiterin an die Teilnehmer durchgesagt.

Das Anstimmen eines durch die Versammlungsteilnehmer gemeinsam gesungenen Liedes „Oh wie ist das schön…“ auf der Alten Mainbrücke wurde der Versammlungsleiterin durch die Polizei untersagt. Das gemeinsame Singen wurde daraufhin auch eingestellt.

Ein durchgängiges Einhalten von Mindestabständen der Versammlungsteilnehmer untereinander ist in einem mobilen und dynamischen Aufzug nicht immer möglich. Durch verkehrsbedingte Verzögerungen an der Spitze des Aufzugs kommt es zwangsläufig auch zum Auflaufen der übrigen Teilnehmer, wobei auch Abstände unterschritten werden können. Dazu erschwerten manche Aktionen des Gegenprotests am 15.02.2021 zusätzlich die Einhaltung der Mindestabstände. So wurde der Aufzug mehrere Male durch Straßenblockaden gebremst. Wiederholt infiltrierten auch Teilnehmer des Gegenprotests den Aufzug und diskutierten aus nächster Nähe mit den Aufzugteilnehmern.

Letztendlich konnte der Versammlungsaufzug am 15.02.2021 auf Außenstehende durchaus den Eindruck eines Faschingszugs vermitteln. Hierfür verantwortlich waren in erster Linie die Kostümierung eines Großteils der Teilnehmer und die abgespielte „Schlagermusik“. Beides war – wie bereits geschildert – allerdings durch die Versammlungsfreiheit gedeckt und musste in der gegebenen Form hingenommen werden.Festgestellte Beschränkungs- oder Auflagenverstöße wurden durch die Versammlungsleiterin auf Ansprache abgestellt. Folglich waren keine weiteren repressiven Maßnahmen erforderlich.“